Fabriksimulation: Alternativen

Ein grundlegendes Ziel von Fabriksimulation ist es, Vorhersagen darüber zu treffen, wie die Produktionskapazität und das Fließverhalten den Durchsatz beeinflussen. 

Das gebräuchlichste Werkzeug für diese Aufgabe ist bislang die ereignisorientierte Simulation, oder diskrete Ereignissimulation (DES), die in einer Vielzahl von Softwarepaketen erhältlich ist. Beliebte Marken sind AnyLogic, Arena, FlexSim, ProModel, Simio, Tecnomatix und viele andere.

Ereignisorientierte Simulation

Die Simulation von Verhalten und Dynamik komplexer Systeme erfolgt in all diesen Softwaretools mit Monte-Carlo-Methoden. Monte-Carlo bedeutet, dass mögliche Abfolgen von Ereignissen viele hunderte Male nach dem Zufallsprinzip durchgespielt werden (Sampling), um statistisch eine Annäherung der tatsächliche Systemleistung zu erhalten. Mithilfe der gezogenen Stichproben können Probleme numerisch gelöst werden, die so komplex sind, dass sie analytisch nicht oder nur aufwendig zu lösen sind, d.h. für die es keine Gleichungen gibt. Dies war bei der Planung von Produktionssystemen auch lange der Fall. Beliebte Ansätze sind die ereignisorientierte Simulation (DES), kontinuierliche Simulationen (bei denen kleine Zeitschritte verwendet werden, um nicht-diskrete Änderungen zu durchlaufen, auch bekannt als zeitdiskrete Simulation oder DTS), und agentenbasierte Modelle, die entweder auf DES oder DTS basieren können. Erfahrene Modellierer kennen die Vor- und Nachteile der dieser Techniken: DES benötigt mehr Zeit und ist bei hoher Auslastung eher ungenau; DTS ist allgemein ungenau, insbesondere bei geringer Auslastung, dazu es ist schwierig, den richtigen Zeitschritt für DTS zu wählen. Sowohl DES als auch DTS benötigen Kapazitätsvorgaben, wie z.B. die Anzahl der Maschinen und Kanbans, als Input. 

"Simulation of complicated systems has become quite popular. One of the main reasons for this is embodied in that word “complicated.” If the system of interest were actually simple enough to be validly represented by an exact analytical model, simulation wouldn’t be needed, and indeed shouldn’t be used. Instead, exact analytical methods like queueing theory, probability, or simple algebra or calculus could do the job. Simulating a simple system for which we can find an exact analytical solution only adds uncertainty to the results, making them less precise."

Kapitel 1.4 von: Simio and Simulation (Jeffrey S. Smith und David T. Sturrock)

Bis heute ist DES die gängigste Methode zur Modellierung von Produktionsabläufen, und es stehen verschiedene Softwarepakete zur Verfügung, von denen einige detaillierte 3D-Animationen bieten, um die physischen Bewegungen von Waren und Personen in der Produktionshalle darzustellen. Häufig wird DES-Software in Verbindung mit anderen Softwaretools verwendet, um verschiedene Szenarien und Inputs zu generieren, um neue Produktionssysteme zu planen und zu optimieren. Eine große Einschränkung der Monte-Carlo-Methoden im Allgemeinen besteht darin, dass jeder Durchlauf (hunderte Iterationen) nur eine einzigen Datenpunkt liefert, d. h. die Leistung eines zuvor exakt definierten Systems: Es gibt keine Informationen über Kostentreiber und keine Optimierung abgesehen von Trial-and-Error. Es gibt zwar DES-spezifische Optimierungswerkzeuge, aber diese haben diverse Einschränkungen (mehr dazu unten).

Analytische Methoden

Die analytischen Methoden, die als Warteschlangentheorie oder Warteschlangenmodelle bekannt sind, existierten schon lange bevor der Computer den Weg für Simulationen mit hunderten Durchläufen frei machte, und stellen im Gegensatz dazu eine mathematische Möglichkeit dar, das dynamische Verhalten vom Teilefluss durch die Fabrik zu modellieren. Traditionelle Warteschlangenmodelle sind der "Gold Standard" und damit die Referenzmarke zur Validierung der Genauigkeit von Simulationen, sind jedoch traditionell begrenzt in Bezug auf die Komplexität, die sie erfassen können. Wiederkehrende Vorgänge, wie sie für Nacharbeit oder gemischte Systeme erforderlich wären, können nicht erfasst werden, ebenso wenig wie Batching, wenn eine Maschine mehrere Teile gleichzeitig fasst. Darum sind Warteschlangenmodelle in der Industrie kaum verbreitet. Ein weiterer Grund liegt in der Schwierigkeit, den richtigen mathematischen Ausdruck auszuwählen und umzusetzen. Es wurden einige Methoden entwickelt um die mathematische Umsetzung zu vereinfachen, wie die Decomposition Method oder der Queueing Network Analyzer. Diese haben jedoch die Einschränkungen hinsichtlich Systemkomplexität nicht überwunden. Im Hinblick auf die erforderlichen Eingaben haben beide Methoden die gleichen Anforderungen und liefern die gleichen Ergebnisse wie die DES und DTS: Kapazität ist ein benötigter Input, die Methode stellt lediglich fest, ob damit ein bestimmter Durchsatz erreicht werden kann. Allerdings sind Warteschlangenmodelle präziser und wiederholbarer als Simulationsmethoden, da dieselben Eingaben immer dasselbe Ergebnis liefern. Heutzutage kommen Warteschlangenmodelle außerhalb der akademischen Welt praktisch nicht zum Einsatz. Es gibt auch keine Softwaretools, die eine einfache Anwendung ermöglichen würden, selbst für die recht simplen Fälle, die sie erfassen können. Bestimmte Warteschlangenmodelle, wie z.B. die M/M/1-Warteschlange (ein einfaches System mit einer Maschine), sind jedoch weiterhin ein wichtiges Werkzeug zur Validierung der Genauigkeit anderer Methoden.

LineLab

LineLab ist eine Alternative zur Simulation, die ursprünglich auf analytischen Ansätzen zur Produktionsmodellierung basiert, d.h. auf Warteschlangenmodellen, diese jedoch stark erweitert und neu formuliert hat. LineLab ist ein Software-Tool, das ein analytisches System verwendet um die Dynamik in der Fabrik zu erfassen. Wie frühere analytische Ansätze ist es äußerst genau. Wie funktioniert das? LineLab basiert teilweise auf Warteschlangenmodellen, wurde jedoch durch Forschungen am MIT erweitert. In LineLab kann ein einzelnes Lösen das gesamte Produktionssystem erfassen, einschließlich allem, diverse Materialströme, in einem einzigen System.

Bei der Entwicklung von LineLab wurden die Warteschlangenmodelle nicht nur umgeschrieben, sondern erheblich erweitert, sodass LineLab Aspekte des Teilflusses behandeln kann, die in der Industrie häufig vorkommen:

  • Wiedereintrittsschleifen (z.B. Nacharbeit, geteilte Routen)
  • Zuführlinien (bestimmen den "kritischen Pfad", der aufgrund von Variationseffekten in der Regel stochastisch ist)
  • Gemeinsame Systeme mit verschiedenen Produkten und verschiedenen Routen, die einige Arbeitsstationen (und somit Warteschlangen) und/oder Teileträger gemeinsam nutzen, co-produzierte Varianten
  • Batching & Parallelisierung
  • Getaktete Linien & Fließfertigung
  • Cluster-Stationen, wie eine Station mit einer Ladevorrichtung und mehreren Kammern, sowie parallele Verarbeitung innerhalb einer Zelle

Ein wesentlicher Unterschied zu früheren Ansätzen besteht darin, dass LineLab intern einen Optimierungslöser verwendet, der die analytischen Modelle des Fabrikflusses direkt verarbeiten kann. Dies hat einige entscheidende Vorteile, die das oft wochenlange Hind und Her zwischen verschiedenen Simulations- und Excel-Modellen auf wenige Klicks in LineLab reduzieren.

Zum einen muss die Kapazität nicht als Eingabe zur Verfügung stehen. Wenn der gewünschte Systemdurchsatz bekannt ist, kann LineLab Kapazitäten und die Kanbananzahlen sowie viele andere Werte optimieren, um den besten Weg zur Erreichung des Durchsatzes zu finden. LineLab kann praktisch eine beliebige Anzahl von Variablen optimieren. Während es Optimierungspakete für DES-Programme gibt, die 5 bis 15 Variablen mit einem hinreichenden Grad an Robustheit optimieren können, kann LineLab zeitgleich tausende von Entscheidungsvariablen optimieren und benötigt im Gegensatz zu DES-kompatiblen Optimierungstools keine Startwerte oder Grenzwerte. Zudem kann jede Eingabe parametrisch sein. Dies ist besonders in der frühen Entwurfsphase oder bei der modellbasierten Systementwicklung nützlich, wenn physikalische Modelle berücksichtigt werden müssen. Außerdem können durch die Optimierung jegliche Anforderungen als Bedingungen hinzugefügt werden, z. B. eine maximale Durchlaufzeit zwischen zwei Stationen - ein Novum im Vergleich zu jeder Simulation. Und schließlich erstellt LineLab dank der Optimierungskomponente eine vollständige Sensitivitätsanalyse, die die Rolle jedes einzelnen Inputs quantifiziert und damit die transparenteste Methode zur Modellierung von Produktions- und Betriebssystemen darstellt.

Fazit

Es gibt ganz unterschiedliche Methoden, um die Leistungsfähigkeit geplanter Produktionssysteme zu modellieren und zu simulieren. Viele der bekannten Softwaretools basieren auf Monte-Carlo-Methoden, da dies lange der einzige Weg war, so komplexe Systeme zu lösen. Mit ihren 3D-Animationen und Tagesplan-Beispielen werden die bekannten Softwaretools auch weiter wichtige Anwendungen finden. LineLab ist ein vergleichsweise neues Produkt, welches auf analytischen Methoden basiert. Für die Optimierung verschiedener Variablen, wie z.B. Kapazität, in der frühen Systemplanung, ist LineLab damit unverzichtbar.